Freunde zu finden, ist ganz einfach. Auf Facebook. Ein Klick, und zack hat man wieder einen neuen Freund oder eine neue Freundin. Es gibt Menschen, die haben ein paar tausend Facebook-Freunde. Natürlich: Die meisten Menschen, mit denen man auf Facebook „befreundet“ ist, sind keine echten Freunde. Es sind virtuelle Freunde. Die meisten hat man noch nie gesehen, kein einziges Wort mit ihnen gesprochen. Unter Freunden versteht man eigentlich etwas anderes.
Freunde sind etwas Besonderes. Sie sind wie Familie, nur besser. Denn im Gegensatz zu einer Familie kann man sich seine Freunde aussuchen. Bereits der griechische Philosoph Aristoteles hat die Bedeutung der Freundschaft hervorgehoben („Freundschaft, das ist eine Seele in zwei Körpern."). Und dennoch: Obwohl viele von uns durchaus wissen, wie wichtig Freunde für unser Wohlbefinden, unsere Gesundheit, ja unsere Lebenszufriedenheit sind, vernachlässigen wir sie, weil wir meinen, uns um vermeintlich wichtigere Dinge kümmern zu müssen: um unsere Karriere, unser Geld, unser Ansehen. Oft wird uns unser Versäumnis erst dann schmerzhaft bewusst, wenn es zu spät ist, noch etwas daran zu ändern: an unserem Lebensende.
In ihrem Buch „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“ beschäftigt sich auch die Australiern Bronnie Ware, die acht Jahre auf einer Palliativstation Sterbende begleitet hat, mit der Freundschaft. Zu den fünf Dingen, die Sterbende am meisten bedauern, lautet eines: „Ich wünschte mir, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden aufrechterhalten." „Viele meiner Patienten bedauerten, dass sie nicht genügend Zeit in ihre Freundschaften investiert hatten", schreibt Ware. „Jeder vermisst seine Freunde, wenn er stirbt." Das sollte uns zu denken geben.
„Ich habe den Fehler begangen, Freundschaften nicht gepflegt zu haben“, erkannte der große Mario Adorf auch erst im hohen Alter. Damit steht er nicht allein. Denn vor allem Männer glauben oft, auf Freunde verzichten zu können. Und wenn Sie doch einen Freund haben oder auch mehrere, ist diese Qualität von einer viel geringeren Tiefe als bei Frauen, haben Psychologen und Soziologen herausgefunden. Während Frauen mit ihren besten Freunden sehr persönliche, oft intime Dinge teilen, beschränkt sich das Verhältnis männlicher Freunde untereinander oft auf gemeinsame Aktivitäten. Der Berliner Psychotherapeut und Buchautor Dr. Wolfgang Krüger (Buchtitel: „Freundschaft: beginnen, verbessern, gestalten“), hat festgestellt, dass nur etwa ein Drittel der Männer Freundschaften aktiv pflegt, wogegen rund zwei Drittel aller Frauen eine gute Freundin haben.
Das Problem bei der Sache ist ja nicht, dass wir nicht wüssten, wie wichtig Freunde für uns sind und wie gut sie uns tun. Das liest und hört man schließlich überall. Das Problem ist, dass wir unsere Freundschaften nicht pflegen. Aus Bequemlichkeit meistens, oder auch aus Erschöpfung nach einem harten Tag. Dennoch: Experten wie der Psychotherapeut Dr. Krüger empfehlen, mindestens zwei Stunden pro Woche in die Pflege der Freundschaft zu investieren. Das muss auch gar nicht immer ein persönliches Treffen sein. Das kann auch ein (Video-) Telefonat oder – ja, das Internet ist nicht grundsätzlich schlecht! – ein Chat über einen Messaging-Dienst wie zum Beispiel WhatsUp sein.
Es gibt – gerade unter Männern – auch bekennende Freundschaftsverweigerer. „Brauche ich nicht, hab keine Zeit“, lautet oftmals die Antwort, wenn ihre Frauen das Thema ansprechen. Und es ist ja auch klasse, wenn man sich selbst genügt und sich selbst beschäftigen kann (Sport, Lesen, Musik etc.). Aber spätestens in der Not oder in der Krise, wenn der Alltag nicht mehr so funktioniert wie gewohnt und geplant, und besonders wenn der Lebenspartner oder die –partnerin nicht mehr da ist, fehlen sie dann plötzlich - die Freunde, die einem helfen, die einem Trost spenden, die einen wieder aufbauen. Dann kommen zur Trauer noch die Einsamkeit und das Leiden daran hinzu.
Natürlich schließen die wenigsten eine Freundschaft aus Nützlichkeitserwägungen, weil etwa die Wissenschaft festgestellt hat, dass Freunde gut für die physische und psychische Gesundheit sind und sogar lebensverlängernd wirken können. Man schließt vielmehr Freundschaft mit einem Menschen, weil dieser einem sympathisch ist, man gerne mit ihm zusammen ist, man gemeinsame Interessen und einen ähnlichen Blick auf die Welt hat. „Seelenverwandt“, sagt man auch dazu. Aber das Pflegen dieser Freundschaft, das kommt im „Tagesgeschäft“ oft zu kurz. Ähnlich wie in einer Paarbeziehung brauchen auch Freundschaften ständige Pflege. Insofern ist Freundschaft nüchtern betrachtet tatsächlich eine Investition mit einem Return on Investment, wie die Kaufleute sagen, oder auch vergleichbar einer Rendite auf einem Sparbuch. Man zahlt etwas ein und man bekommt etwas zurück. Optimalerweise mit Zinsen.
„Falsche Freunde“
Es gibt natürlich auch die sogenannten „falschen Freunde“. Das sind diejenigen Menschen, die aus egoistischen Motiven die Nähe zu einem suchen und ganz schnell wieder verschwunden sind, wenn es einem nicht mehr so gut geht. Dazu passen zwei nicht ganz ernst gemeinte Aphorismen, der erste vom Schriftsteller Mark Twain, der zweite von 33. Präsidenten der USA, Harry S. Truman.
„Es gibt nur ein Problem, das schwieriger ist, als Freunde zu gewinnen. Sie wieder loszuwerden.”
„Wenn man erfolgreich ist, überschlagen sich die Freunde. Aber erst wenn man einen Misserfolg hat, freuen sie sich wirklich.“